Vom Schlüpfen bis zum Tod- Lebenszyklus einer Vogelspinne

Aus dem Kokon mit ca. 200 (Grammostola mollicoma, Lasidora klugii) bis ca. 800 (Pamphobeteus- und Acanthoscurria-Arten) Eiern schlüpfen nach 25-42 Tagen die jungen Spinnen (Spiderlinge). Die undurchsichtige Eischale wird dabei mit einem sog. Eizahn durchbrochen und das in diesem Stadium farblose Spinnenbaby schlüpft heraus. Die Embryonalhaut wird bei diesem von Ruhepausen unterbrochenem Prozess abgestreift, so das Schlüpfen und die erste Häutung zusammen stattfinden. Anstelle der Augen sind bei der kleinen Spinne lediglich zwie dunkle Flecken unter der Haut erkennbar. Am Abdomen, das noch prall mit Dotter gefüllt ist, sind schon die einzelnen Glieder der Spinnwarzen vorhanden. Die Chelizeren (Beisswerkzeuge) bestehen noch aus drei Gliedern, die alle mit kleinen schwarzen Zähnchen besetzt sind. Die vordersten sind die schon erwähnten Eizähne. In diesem Entwicklungsstadium sind noch keine Giftklauen erkennbar, auch die Krallen an den Beinen fehlen noch, diese werden in den nächsten 17-40 Tagen ausgebildet, in deren Verlauf sich die junge Spinne weiterhin im Eikokon aufhält. Ebenfalls in dieser Zeit werden die Augen ausgebildet, zuerst die beiden vorderen Mittelaugen, gefolgt von den restlichen sechs. Nach einer Ruhepause von 1-2 Tagen erfolgt die nächste Häutung, aus der die "fast fertigen" Jungspinnen hervorgehen, denen nun noch die Thoraxgrube, Giftklauen- und Geschlechtsöffnung sowie einige Sinnesorgane bzw. Sinneshaare an den Beinen fehlen.

Nun wird es Zeit, die nähere Umgebung zu erkunden. Dazu wird der Eikokon, der von der Spinnenmutter zuvor aufgelockert wurde, durchbrochen und zumindest zeitweise verlassen. Nach einer kurzen Erkundung der näheren Umgebung klettern die kleinen Spinnen auf die bewegungslos verharrende Mutter, die nur im Falle einer Störung verlassen wird, um im Eikokon Schutz zu suchen. Da die Spinnenbabys auf diesen Wegen immer einen Spinnfaden hinter sich herziehen, entwickelt sich im Lauf der folgenden Tage ein immer dichter werdendes Gespinst zwischen Eikokon, Mutter und erkundeter Umgebung.In diesem Gewebe erfolgt auch die dritte Häutung der Spiderlinge, die erste, die normalerweise beobachtet werden kann.

Nach dieser Brutpflegeperiode und der dritten Häutung beginnt für die kleinen Spinnen die Zeit des "Fressens und gefressen werden". Schwächere Geschwister oder solche, die noch vor der dritten Häutung stehen, werden von den Stärkeren gefressen. Die Spinnen, die diese natürliche Auslese überleben, häuten sich nach 2 Monaten erneut, wobei jetzt einige Arten eine Körperfärbung oder -zeichnung aufweisen, die ausgewachsene Spinnen dieser Art nicht mehr zeigen. Im ersten Jahr werden die Jungspinnen 6-8, Im zweiten Jahr 3-5, im dritten und vierten Jahr 2-3 Häutungen durchmachen. Die Männchen, die meist zwischen dem zweiten und vierten Jahr die Geschlechtsreife erlangen, häuten sich dann nicht mehr. Dem Lebensabschnitt der Geschlechtsreife und der Fortpflanzung habe ich eine eigene Seite gewidmet.(Fortpflanzung)

Geschlechtsreife Weibchen wechseln bis zum Alter von ca. zehn bis elf Jahren 1-2mal pro Jahr die Haut, danach 1-2mal alle zwei Jahre, ab dem vierzehnten Lebensjahr häuten sie sich oft gar nicht mehr. Bereits ab dem achten Lebensjahr werden die Spinnen ruhiger, selbst die agressiveren Arten lassen sich nun leichter anfassen und werden "zahmer". Ab dem zehnten Lebensjahr werden die ersten Anzeichen des Altwerdens sichtbar: Körperpflege wird vernachlässigt, die Brennhaare des Abdomens werden nicht mehr bei einer Häutung ersetzt, so das eine bleibende "Glatze" entsteht. Um den After bildet sich ein Bezirk aus Ausscheidungsrückständen mit weisslicher Färbung, vorauf sich oft Pilze ansiedeln, die sich von dort aus bis zu den Spinnwarzen ausdehnen. Die Spinntätigkeit wird nach und nach eingestellt, einige Spinnen wirken oft träge, andere dagegen unruhig.

Eines Tages wird dann das Unvermeidliche kommen: Die Spinne bleibt erst mit lang ausgestreckten Beinen auf dem "Bauch" liegen, zieht dann die Beine unter den Körper und stirbt. Trotz dieses traurigen, nicht abwendbaren Ereignisses steht eines fest: Wurde die Spinne artgerecht gehalten, so hat sie ihr Leben voll ausleben können, zwar eingeschränkt in ihrer Bewegungsfreiheit, dafür aber geschützt vor natürlichen Feinden, und wer weiss, ob sie in der freien Natur überhaupt so alt geworden wäre?

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